Donnerstag, 30. Juni 2016

Die ungelesenen Bücher

Am Dienstag bin ich aus den Exerzitien zurückgekehrt. Ich hatte gleich zwei Premieren. Erstens: Ich war zum ersten Mal im Kloster Ilanz. Zweitens: Ich erlebte zum ersten Mal Einzelbegleitete Exerzitien.

Fazit: Beides erlebte ich sehr positiv. Wobei es mir natürlich noch ein bisschen wichtiger ist, dass ich die Premiere der Einzelexerzitien als etwas so Positives erleben durfte.

Bisher konnte ich mich noch nicht so wirklich mit Exerzitien anfreunden, weil ich nicht viel anfangen konnte mit so viel Stille. Aber für mich gehörten die Jährlichen stillen Tage einfach zum „Jahresprogramm“ einer Ordensfrau. Dieses Jahr entschied ich mich also, Einzelexerzitien auszuprobieren – die fanden nun vom 20. – 28. Juni in Ilanz statt. Da hatte ich täglich ein Gespräch mit der Exerzitienbegleiterin und sie gab mir dann einen Bibeltext mit in den nächsten Tag, den sie passend für meine Situation fand. Es war dann an mir, mich mit diesem Text auseinanderzusetzen. Ich habe mich in der Meditation damit befasst, im Gebet, in der Musik und vor allem auch im Schreiben.

Beim Packen meines Reisekoffers hatte ich genügend „Beschäftigungsmaterial“ eingepackt – kein Wunder brachte ich den Koffer kaum zu und fühlte sich tonnenschwer an. Da drin befanden sich nämlich zwei mitteldicke Romane, ein Psychologiebuch, ein religiöses Buch, mein Notizbuch, die Schreibmappe und die Bibel. „Ich habe ja mehr als genug Zeit zum lesen“, dachte ich.
Beim ersten Begleitgespräch in Ilanz, bekam ich dann den ersten Text aus der Bibel und zugleich auch die Ermutigung, dass es Sinn macht, sich in diesen Tagen mit keiner anderen Lektüre zu beschäftigen. Das erzielt, dass man sich voll und ganz auf die Worte aus der Bibel einlassen kann, sie auf sich wirken lassen kann. Also ging ich nach diesem Gespräch in mein Zimmer und räumte pflichtbewusst den Stapel Bücher, den ich bereits auf meinem Nachttisch griffbereit hingestellt habe, wieder zurück in den Koffer. Dabei dachte ich: „Hauptsache ich habe jetzt diese Bücher unnötig nach Ilanz geschleppt.“ Dann dachte ich aber auch: „Ein Versuch ist es wert. Ich probier’s einfach mal aus und schaue was dabei herauskommt.“ Ja und was dann im Endeffekt dabei herauskam war, dass ich die besten Exerzitien erlebt habe die ich bisher mitmachte, dass es sich gelohnt hat, sich der Stille zu stellen, sich einfach mal darauf einzulassen. Es war eine sehr schöne und wertvolle Erfahrung!

Was ich ganz amüsant gefunden habe war, dass mich einige von den Teilnehmerinnen auf meinen Blog angesprochen haben (am ersten und am letzten Abend waren wir nicht im Schweigen). Bisher dachte ich immer, ich würde hier in meinem Büro irgendwelche Zeilen in den PC tippen, die dann vorwiegend Menschen lesen die mich kennen. Nun stellte sich heraus, dass das ein Irrtum war. Aber es freut mich natürlich, dass der Blog auch ausserhalb meines Bekanntenkreises auf Interesse stösst. Einige der Exerzitien-Teilnehmerinnen haben mir auch versichert sie würden in den nächsten Tagen in meinen Blog schauen und so möchte ich an dieser Stelle all diejenigen ganz besonders grüssen, die mit mir letzte Woche auf dem Weg waren. Wenn auch schweigend, aber trotzdem in spürbar herzlicher Verbundenheit – Danke!

So und inzwischen haben der Regen und das Gewitter aufgehört, die Sonne zeigt sich wieder. Es wird Zeit für mich, noch etwas frische Luft zu tanken – tschüss!

Sr. Lea

Mittwoch, 1. Juni 2016

Das zweite Noviziatsjahr beginnt

Heute ist der 1. Juni. Für mich ein besonderer Tag, denn heute vor einem Jahr wurde ich ins Noviziat aufgenommen und durfte meine Einkleidung feiern. Sind wir mal ehrlich. Ich bin ja schon froh, steht mir heute keine Einkleidung bevor. Auch wenn es ein schöner Tag war, war ich doch sehr nervös und ängstlich der Ungewissheit gegenüber was auf mich zukommen wird. Aber heute, ein Jahr später, ziehe ich am Morgen mein Ordenskleid an als hätte ich nie etwas anderes getragen. Ich habe mich daran gewöhnt und wachse mehr und mehr in die Rolle der Ordensfrau hinein.

Gestern habe ich die letzten Seiten eines sehr berührenden und interessanten Buches gelesen. „Vier Pilger – ein Ziel“ heisst das Buch. Hildegard Aepli, Esther Rüthemann, Christian Rutishauser und Franz Mali erzählen von ihrer 4300 km langen Pilgerreise von der Schweiz nach Jerusalem. Sieben Monate zu Fuss unterwegs. Dieses Buch hat mich wirklich sehr berührt. Das Gottvertrauen dieser PilgerInnen, ihren Mut, ihr Durchhaltevermögen, Ihre Leistung – unglaublich. Für sie war es auch der 1. Juni als sie losmarschierten – im Jahr 2011. Auch sie haben sich aufgemacht, sind losgezogen ins Ungewisse.

Ich fühle mich ihnen verbunden – irgendwie. Es kommt mir vor, als sei der Weg ins Kloster ähnlich einer Pilgerreise. Man trifft die Entscheidung diesen Schritt zu tun. Bereitet sich vor und nimmt dann den Weg unter die Füsse. Wird es der richtige Weg sein oder werde ich umkehren müssen? Werde ich finden was ich suche? Manchmal braucht es Mut, manchmal braucht es Durchhaltevermögen und täglich aber braucht es Vertrauen darauf, dass es etwas/jemand gibt, das/der einen führt auf diesem Weg.

Ich bin Gott dankbar für das vergangene, erste Noviziatsjahr, dankbar für alle Facetten die dieses Jahr mit sich trug. Meiner Gemeinschaft bin ich dankbar, für das mitschwesterliche mitgehen auf diesem Weg und ich bin dankbar für meine Familie und meine Freunde, die mir Unterstützung bieten.

Liebe Grüsse

Sr. Lea